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Neulich Berlins erste Pink Slip Party. Das ist hier so neu, das man erstmal erklären muss: Nein Pink Slips sind nicht rosa Damenunterhöschen, sondern der in Amerika übliche Ausdruck für Entlassungspapiere, herrührend von der Farbe des Umschlages, in denen sie dort versendet werden. Und diese Partys finden im Silicon Valley statt, wo die Entlassen der dortigen New Economy Firmen noch mal Party machen. New Economy hatten wir auch, Entlassungen haben wir auch, dachte sich wohl der Boss einer der noch überlebenden Internetbuden, machen wir doch mal so eine Party. Im Radio Interview, das ich zufällig mitbekomme, redet der Chef dieser Bude (in der New Economy natürlich der Vorstand einer AG) in Hilfsdeutsch über die Party, die Situation sei nämlich „ähnlich schlimm als wie in den USA.“

Ich beschließe das zu vergessen, gehe dann aber doch hin, weil mir eingefallen ist, dass ich an einer gerade recht klammen Internetbude beteiligt bin und daher schon irgendwie betroffen. Wir fahren also zu viert zu dem Event, zu dem sich laut dem bewussten Vorstand „mehr wie 650“ Leute angemeldet haben sollen.

Wir kommen an und was als erstes draußen auffällt: Lauter Kamerateams, die das große Schild „Pink Slip Party“ filmen. Zich Autos draußen, die noch von der glorreichen Vergangenheit Zeugen: 5er BMWs, auch ein paar 7er, so mancher Mercedes 200irgendwas und auch die Avantgarde ist da:
2x Citroen XM, sogar ein alter Citroen SM (der mit dem Maserati Motor) und ein altes Benz Cabriolet aus den 60ern. Das wird natürlich auch gefilmt und geknipst. Drinnen ist es in der eigentlichen Tanzhalle leer, der erste Bekannte den ich treffe ist ein Journalist. Alle Leute sind in einem Nebenraum, dort tummeln sich ungefähr 350 Leute, wovon etwa die Hälfte erkennbar gar keine „Pinksliper“ sind, sondern Presse. Mehr Kamerateams auf einem Haufen habe ich noch nie gesehen, ständig hüpft einem ein Fotograph vor die Linse und ich habe meine liebe Mühe NICHT abgelichtet zu werden.
Die anderen drei mit denen ich gekommen bin sind irgendwie etwas ungeschickter und müssen daher ein paar Interviews vor Kameras über sich ergehen lassen.
Die Presse ist aber insgesamt etwas gefrustet, weil sie auch merken, das mehr Leute im Raum Kollegen sind als entlassen New-Economy Opfer.
Völlig entnervt knipsen die Fotographen alles was aus Materie besteht, und als sich irgendwann zwei auffällig gekleidete Mädels auf die Tanzfläche wagen, ganz allein, da scharren sich auch gleich 3-4 Fotographen um die beiden und machen mal einen Film voll.

Die Leute mit denen ich rede, die tatsächlich Entlassene sind, machen auf mich überwiegend den Eindruck, als läge in Ihrer Entlassung kein Irrtum vor. Ist aber eventuell nur die Arroganz des Nichtarbeitslosen.

Am nächsten Morgen berichtet man mir, man habe mich im Fernsehen erkannt, irgendwann sei mal im Anschnitt meine Camoweste zu sehen gewesen.
Ich sollte langsam aufhören, diese Westen zu tragen.