Der Gastbeitrag: Im Krankenhaus

(folgender Beitrag ist nicht von mir, aber so skurril, das ich es euch nicht vorenthalten will.)

1. Tag


Gestern in die Klinik gegangen um die Ursachen einer Nahrungsmittelallergie einzukreisen.

Zur Klinik kann ich noch nicht viel sagen, außer dass ich mich gerne gleich wieder umgedreht hätte um zu gehen. Gesamteindruck: Depremierend, runtergekommen. Aber irgendwie ist es hier auch fast lustig, seht selbst:

Prolog:
Mein lieber Mann bringt mich also heute ins Krankenhaus, es ist 10:45 Uhr.
Gleich am Eingang der Station fällt der Blick in ein Zimmer, in dem ein montröser unförmiger Fettberg liegt, mit strähnigen Haaren und einem Blick wie 7 Tage Eishagel. Das neckische Seidennachthemd hilft nur bedingt um den Gesamteindruck zu verbessern, ermöglicht aber immerhin, dass Geschlecht der Person zu identifizieren.

Ist natürlich meine zukünftige Zimmernachbarin.

Auf dem Zimmer angekommen, liegt diese etwas stämmige Dame im Bett und telefoniert.
Sie schimpft und wettert. Ich bekomme ziemlich schnell mit, dass sie auf eine Untersuchung wartete und es UNMÖGLICH findet, noch nicht dran gekommen zu sein. Das Ganze möglichst laut, damit die Schwester die versucht mir zu erklären wo mein Schrank ist, es auch sicher mitbekommt.


Aufnahme:
Als etwas später die Aufnahmeschwester zu mir kommt, um erst einmal ein paar Grunddaten abzufragen, ist es schwer ein Gespräch zu führen, da die Dame erneut telefoniert. In einen sehr lauten und durchdringendem Ton wird ihrem (vermutlich) Ehemann erklärt, dass sie immer noch nicht dran war und seit sechs Uhr warte.

Es ist jetzt 11:30 Uhr.

In den nächsten fünf Minuten wird dieses Thema mehrfach wiederholt und immer wieder darauf hingewiesen, wie unmöglich dieser Umstand sei.

Mein Mann und ich sagen nichts, das ist nicht nötig, wir wissen, dass wir das gleiche denken; es hat mit Verbandsmaterial zu tun, das im Gesichtsbereich angebracht wird.

Als etwas später ein angehender Arzt reinkommt um weitere Dinge zu besprechen, telefonierte sie rein zufällig erneut und wird teilweise so heftig in ihren Äußerungen am Telefon, dass mein Mann und der Arztanfänger sich ansehen aber aus Höflichkeit nur Augenrollwettbewerbe austragen, anstatt die Dame anzufah... äh... um etwas mehr Ruhe zu bitten.

Mal abgesehen davon, dass jeder halbwegs intelligente Mensch (wie immer frau hier auch „halbwegs“ und „inletigent“ oder wie das heisst genau definiert) die Höflichkeit besitzen würde, Telefonate zumindest kurz zu halten, wenn Schwestern oder Ärzte den Raum betreten um die Patienten zu betreuen, setzte sie eher noch einen drauf: selbst bei ihrer eigenen Untersuchung (z.B. Blutdruckmessen) telefonierte sie fröhlich weiter. Die Schwestern haben Mühe sie zu untersuchen und Dinge zu erfragen, während sie munter ins Telefon schallert:

Globste die jebben mir nüscht zu essen.
Und die Kasse zahlt schön.
Wadde mal, ick hab jesacht wadde mal.
Man hör mal uff ick hab jesacht Du sollst ma warten.
Verstehste mir nich oda watt.


Ich bin beeindruckt.


Warten:
Inzwischen ist es fast ein Uhr. Die Dame wartet und telefoniert dabei.

Ich bekomme langsam mit, dass die Untersuchung auf die sie „seit um 6“ wartet, eine Darmspiegelung ist.

Wie vielleicht bekannt, bekommt man ab dem späten Nachmittag des Vortages dieser Untersuchung eine abführende Flüssigkeit zu trinken, die den Darm vollständig entleeren soll. Es können bis zu sechs Liter sein, die man trinken muss und man darf logischerweise dann auch nichts mehr essen bis zur Untersuchung.
Darm soll ja schön leer sein.

Die Dame hat also seit dem Vortag 18:00 Uhr diese Flüssigkeit bekommen und bis heute Mittag kein Essen. Das ist natürlich dramatisch, offenbar reine Schikane. Und der Tenor der Telefonate wird immer schriller:

Man hab ick Hunger, hab ick Hunger.
Zwee Tage nüscht zu esse,
de Kasse zahlt ja wohl schließlich, son ne Sauerei.
Den janzen Tag bin ick hier am warten, die lassen mir hier den janzen Tag sitzen, det ist doch wohl unerhört.
Is dit ne Hitze
Man, is dit ne Hitze


Vielleicht ist sie an der Telefoniererei aber gar nicht mal alleine Schuld, denn offenbar ruft ihr Mann (also vermute ich, dass es ihr Mann ist) alle ca. 15 Minuten von selbst und scheint zu fragen, ob sie denn JETZT schon dran war. Das bietet vielfältige Möglichkeiten, den eigentlich selben Text alle 15 Minuten in leichten Varianten anzuhören:

Man globste die lassen mir hier einfach warten. Man hab ick een Hunger.
Wozu zahlt die Kasse eijentlich.
Ick war meen Leben lang arbeeten und die Kasse zahlt doch.
Hab ick een Hunger ... man ... man ... man
Is dit ne Hitze
Stöhn ... seufz.


Tja, so 140 kg Lebendgewicht schwitzen schon ordentlich.
Und 140 kg wollen auch erstmal bewegt werden, da schwitzt man bei der aktuellen Sommerhitze noch mal ordentlich extra.
Ich habe inzwischen rausgefunden, dass das Zimmer nicht nur keine Klimaanlage hat, sonder auch keine Dusche. Erste Schatten einer dunklen Vorahnung ziehen auf.

Nach langen Stunden mit immer den selben Inhalten - nur leicht variiert (seit um sechse ... Hab ick een Hunger ... Kasse zahlt ... mein Leben lange geputzt ... unmöglich ... ja, die Charite war jut abba hier ... man man man) - endlich: um 13:30 Uhr kommt der Pfleger, um die Dame zur Untersuchung abzuholen.

Sie pöbelt ihn direkt laut an, dass es ja Zeit wird, sie warte ja schon schließlich den ganzen Tag hier. Seit 06:00 Uhr sitzt sie hier und wartet.
Den ganzen Tag schon.

Hm 13:30 Uhr ist bei ihr also ein ganzen Tag.
Arme Frau, sie hat dann wirklich wenig Lebenszeit bei so kurzen Tagen.
Ich bin kleinlich, ich weiss.

Der Pfleger lässt sich überhaupt nicht beeindrucken und erklärt ihr mit einem süffisanten Lächeln, dass um 06:00 Uhr noch keine Untersuchungen stattfinden. Seit 6 könne sie also eigentlich nicht warten.

Nachbarin laut röhrend:
Dit ist ja wohl echt ne Frechheit
Ick hab mir um 06:00 fertig jemacht, weil dit hiess um 08:00 Uhr geht’s los.


Was hat sie bitte an sich fertig gemacht?
Ich bin etwas verwundert, wenn der derzeitige Anblick irgendwelche Vorbereitungen erfordert, wie sieht sie dann OHNE diese Vorbereitungen aus?

Pfleger völlig entspannt:
Ja, ab 08:00 Uhr geht es los, aber das heißt nicht, dass sie um 08:00 Uhr rankommen.

Nachbarin:
Watt?

Pfleger immer noch sehr freundlich, als er ihr Bett versucht aus dem Zimmer zu schieben (ist auch nicht so leicht angesichts des Körpergewichts der Patientin):
Ab 8:00 Uhr gehen hier im Haus die Untersuchungen los, dass bedeutet aber nicht, dass alle gleichzeitig um 8:00 Uhr rankommen.

Nachbarin hat nichts verstanden:
Ja, ja, nu machen se mal jetze.




Nach der Untersuchung:
Die Dame wird relativ schnell wieder auf das Zimmer gebracht.
Sie springt trotz Sedierung und ca. 140 kg Körpergewicht bei einer Größe von 1,70 m recht flink aus dem Bett und findet auch gleich die Kraft, während eines Toilettengangs nahtlos weiter zu nörgeln.

Ich bin baff. Bei mir hat es schon einige Zeit gedauert, bis ich nach einer Darmspiegelung wieder so fit war. Hut ab.

Sei's drum, was gibts denn jetzt NACH der Untersuchung zu nörgeln?
Aber klar:

Man hab ick een Hunger, die müssen ma jetz abba watt zu essen bringen, sonst mach ick hier Krach.
Man hab ick een Hunger.
Is dit ne Hitze.
Is dit ne Hitze.

Und direkt an mich gerichtet:

Man ist dit ne Hitze
Stöhn ... stöhn ... ächz
Icke hab immer meen Leben lang sauber jemacht, bei sowat hätt ma meene Cheffin aber watt..also se wissen schon..die hätte mit aber richtig watt erzählt.
Da hätte ick nich een Tach jearbeetet.
Wo bin ick hier jelandet?
(okay, die Frage ist jetzt nicht ganz unberechtigt, hab ich mich heute auch schon paar mal gefragt.)
Dit möcht ick wircklich ma wissen.
Wo ham die mir hier hinjeschickt.
Man hab ick een Hunger.
Is dit ne Hitze
Is dit ne Hitze


Langsam kapiere ich: die Dame spricht unter anderem von der Sauberkeit im Raum, die zu wünschen übrig lasse.
Da hat sie nun mal nicht so ganz Unrecht, ist eben Fachkraft.

Aber auch Nebulöses ist dabei:
kieck an...na wer hat dit nich, jetzt wees ick doch mehr...man...man...man

Ich weiss nicht wovon sie spricht, vielleicht wirkt die Sedierung doch noch nach.

Also da müssen se mal für mich mithören, ick kann so schlecht solche Sachen uffnehemen, dit versteh ick ja nich...naja meen Hausarzt wird dit ja och...oder nee warten se mal...ick hab ja de Befunde dann ...wa?

Okay, ich versteh jetzt was sie will, sie will - wenn der Arzt kommt und ihr die Diagnose erklärt - dass ich mit zuhöre, damit ich ihr das dann noch mal erklären kann. Das kann ja lustig werden.

Zunächst wird aber wieder telefoniert.
Also dit sach ick dir, da lassen se mich den janzen Tach warten...aber dit lass ick mir nich jefallen...kennst mir ja...wa?
Die müssen mir ja mal watt zu essen jeben die Kasse zahlt ja schließlich.
Nö, erst lassen se mir fünf Taje nüscht essen und jetzt wieder drei...aber nee warte, dit sind ja zwee Taje, jestern und heute...wa?
Wat sachste?
Nee mit mir nich.


Wir wissen vom Anfang der Geschichte, von gestern 18:00 Uhr bis Heute 14:00 Uhr, das sind bei mir 20 Stunden, bei der Dame sind das irgendwie gefühlte zwei bis drei Tage. Naja, irgendwoher muss die Fettmasse ja kommen. Sich nicht mehr genau erinnern können, wann man das letzte mal gegessen hat und einfach mal annehmen, es ist etwa drei Tage her und nun müsse man aber hurtig aufholen könnte ein Grund sein.

Während ich noch grübele, ist die Patientin aber schon weiter und dringt zum Kern aller Probleme vor:
Watt meense wie laut det hier Nachts is und die Ausländer hier und Nachts hamse jegröllt wegen Fussball, det müssen se sich mal übalejen, wo andere nächsten Tach arbeiten jehen müssen.
Man man man, die Ausländer hier...da find man keene Ruhe wejen de Ausländer.
Ick sachs ihnen. Globen se ma nich das dit besser wird allet.

Ach na klar, dass hat gerade noch gefehlt, um das Bild abzurunden. Na zum Glück haben wir ja Ausländer, um einen Schuldigen zu finden.
Für ein paar Sekunden bin ich sogar froh, dass es „die Ausländer“ als abstraktes „Ist-Schuld“ Gebilde gibt, sonst müsste vielleicht jemand anders als Projektionsfläche für Fettis allgemeine Miesepetrigkeit herhalten, zum Beispiel ich.
Man man man.

Essen 1:
Die Schwester kommt und nun wird die Essenfrage geklärt.

Schwester meint klar und deutlich zur Nachbarin:
Die Ärztin hat gesagt, Sie dürfen ab jetzt wieder alles essen.

Es gibt in meinen Augen nichts, was man an diesem Satz nicht verstehen kann. Klare Ansage finde ich.

Zehn Minuten später, Pfleger kommt mit Essen rein.

Nachbarin:
Oh Essen! Darf ick denn schon watt essen?

Ich schau sie völlig erstaunt an und bin platt.

Pfleger zu Ihr:
Sie sind doch Frau X? (nennt meinen Namen)

Patientin:
Nee bin ick nich, det ist die da. (Zeigt auf mich)

Pfleger verwirrt, da ich ja nichts essen darf:
Oh dann gehe ich lieber noch mal fragen.

Ich mischte mich ein und erkläre, dass die Schwester die Ärztin gefragt habe und die gesagt hätte, „die Dame“ (ich krieg das echt raus... „die Dame“!) dürfe ab jetzt wieder alles essen.

Nachbarin:
Watt, ja?

Pfleger:
Nein, ich gehe lieber fragen.

Nachbarin:
Man hab ick een Hunger.
Is dit ne Hitze.
Is dit ne Hitze.



Essen 2:
Essen kommt.

Meine Zimmernachbarin:
Man is dit ne Hitze.
Die Möhren sind steinhart.
So fülle, wer soll dit denn allet essen.
Man ham die uffjetan.


Langsam zweifele ich, ob ich wach bin oder selber sediert auf einem Untersuchungstisch liege und nur skurril träume, wärhend in Wirklichkeit bei mir eine Darmspiegelung durchgeführt wird. Kurzum: Ich bin fassungslos und amüsiert zu gleich.

Sie ißt alles auf.

Igitt bin ick voll.

In diesem Moment kommt ein Patient vom Nebenraum zu uns ins Zimmer.
Er sagt zu mir:
Eh, sie sind doch och ne Schwester wa?

Ich:
Nein ich bin hier Patientin.
(Ich bin mir aber eigentlich nicht sicher, was ich hier überhaupt mache oder bin, der Eindruck des Unwirklichen verstärkt sich)

Patient geht raus und schreit eine tatsächliche Schwester an:
Los kommse ma her hier...eh machen se ma!

Schwester:
Was gibt es denn?

Patient:
Man watt soll det, kommse ma jetzt her hier!

Schwester:
Bitte entschuldigen sie mal, ich weiß doch gar nicht was los ist, da müssen Sie doch nicht in so einem Ton mit mir sprechen.

Patient schreiend:
Man - hörn se uff … die da will immer rauskrabbeln!


Draussen:
Okay. Ich weiß jetzt: ich muss hier mal kurz weg, Luft schnappen.
Leider muss ich noch auf die Ärztin warten. Zum Glück kommt die auch nach einer halben Stunde und die ersten Dinge sind abgeklärt.
Ich schließe meine Sachen in den Schrank und flüchte.
Ich habe auf dem Geländeplan gesehen, dass es einen kleinen Hofgarten mit Springbrunnen gibt und freue mich, da jetzt hinzugehen, mich in den Schatten zu setzten und ein wenig zu skizzieren oder vielleicht einfach nur die Stille zu geniessen oder das Plätschern des Wassers im Brunnen.

Ach ja.

Unten im Hof angekommen wechselt aber nur die Kulisse, die eigentliche Show geht nahtlos weiter. Um den Brunnen sitzen diverse Patienten mit ihrem Besuch oder Bettnachbarn und rauchen wie die Bananendampfer. Es gibt eigentlich keine Stelle wo ich mich hinsetzen könnte ohne von allen Seiten zugequalmt zu werden.

Gut, ich mich trotzdem tapfer in die Runde gesetzt. Um was es bei den Unterhaltungen so ging sag ich euch nicht.

Haha.

War nur ein Spass:

A: Watt sachste...nö bei mir hamse allet rausjeschnitten.
B (auftrumpfend): Die hamma schon fünfma uffjeschnitten.
A: Bei mir wissense nich, aber sie meinen ich soll ma weniger Alkohol trinken und meine Kippen reduzieren.
B: Ach, die haben einfach keene Ahnung!

C: Eh Alda, haste letzt Woche och Wrestling mit Kutte ausse B-Schicht jesehn?

D: Oh, du das mit dem Tatto würde ich lieber auf dem Hintern machen.
E: Nee, da sieht det keener, ick machet uffn Dekolleté.
D: Aber wenn du das machst und nicht mehr willst sieht man es dein ganzes Leben lang.
E: Det iss doch ejal, dazu mach ick det doch, wenns keener sieht ist ja voll öde.

C: Die soll mir mal in Ruhe lassen, sonst schick ick meen Kumpel rum und dann wird se jefi....

Gut, ich bin dann doch wieder schnell gegangen.
Zurück auf mein Zimmer.


Im Zimmer:
Nachbarin liegt und schläft.
Ich atme auf.

Nach fünf Minuten wird sie wach.

Man is dit ne Hitze.

Ach wie hab ich das vermisst.

Abwechslung! Telefonat mit Sohn Andi:
Warum soll ick hier Morgen keen Mittag essen, dit zahlt doch die Kasse.
Nee, nee ick ess hier Morgen noch Mittag.
Nee, Vaddan hat bistimmt nee einjekoft, der hat bestimmt nur Büchse zu Hause.
Nö, det zahlt die Kasse ich bleib bis zu Middag.

Furchtbar die Hitze, hmmmmm... furchtbar kaum auszuhalten.
Man, is dit ne Hitze.

Junge, kommste Wochenende, kriegste wieder richtig watt zu Essen.
Du könntest dir och ma nen Schnitzel machen, du kannst doch nich immer hungern, du bist son grosser und kräftig Kerl, du musst ja mal essen … watt hatten die Hitze damit zu tun?
Also mitn Darm ist nüscht, ick soll mal zum Frauenarzt, da sollte ick mal hinjehen
Ick war mindesten zwoelf Jahre nich.
Also vom Darm kommt det nich sajen se, da soll ich mir keene Sorjen machen.
Ick soll halt ma zu Frauenarzt.
Wat is Vaddern?
Schon wieder dünner jeworden?
Man der isst ja och nüscht.
Also die Barbera Schöneberger, die nimmt och Holzbretter, soll jut sein.
Guck ma, det hört sich immer so schlimm an wenn ick saje drei Schnitten.
Na watt issen dit, det is doch nich fülle, hast mal die kleenen Schnitten jesehn, dit is ja nüscht, dit sind so kleene Aldi Schnitten.
Nee, komm mich mal nach dem Mittag abholen.
Nee, brauchst kenne Kartoffeln holen Michael, ick ess ja morgen hier, hat die Kasse ja schließlich bezahlt, ick ess morgen schön hier.
Man is det ne Hitze.
Stöhn...ächtz...man nee neeeeeeeeeeee ist dit ne Hitze, watt fürne Hitze.



Abendbrot 1:
Ich kann keine „normalen Sachen“ essen, deswegen bin ich hier. Für mich also nichts.

Im Nebenzimmer, Patient:
Watt?
Ich soll Suppe essen?


Schwester:
Nein, Ihre Brühe die Sie wollten.

Patient sehr laut:
Haha, nee ick will keene Suppe, lassen se mir damit in Ruhe.

Schwester:
Was hätten sie denn dann gerne zum Abendbrot?

Patient:
Hab ick doch jesacht, ick will eene Brühe.
Na watten se mal wenn ick zu Hause bin.


Schwester:
Aber das ist doch Brühe.

Patient:
Sie wolln mir Suppe unterschieben.

Langsam komme ich an meine Grenzen. Entweder ich lache gleich laut los oder fang an zu weinen. Ich bin aber auch völlig fasziniert von alle dem.
Das ist alles so klasse und nur mit Humor zu nehmen, sonst würde man verzweifeln.


Abendbrot 2:
Um 18:30 kommt meine Freundin mir Essen bringen, denn die Krankenhausküche sieht sich nicht in der Lage auf meine Einschränkungen eingehen zu können, verstehe ich auch. Wir setzen uns ins Zimmer an den Tisch, ich fange an zu essen und will vielleicht auch mit meinem Besuch ein paar Worte wechseln.

Was macht Bettnachbarin?

Nein, jetzt klagt sie nicht über die Hitze. (Aber gut geraten von euch)

Sie macht den Fernseher an, und zwar volle Lautstärke. Vermutlich um die Ausländer zu übertönen. Jedenfalls so laut, dass wir uns nicht unterhalten können, geschweige denn, ich „in Ruhe“ essen kann. Wozu auch Ruhe beim Essen? Wer braucht so was?

Inzwischen bin ich soweit, mehrere Handlungsoptionen durchzudenken:
- Ich hau ihr so doll eine rein dass sie bis Morgen durchschläft. (Oh ja, das schaff ich mit Bestimmtheit).
- Ich bitte sie höflich, ob … obwohl … wie man am bisherigen Tagesverlauf erkennt, ist sie ja - um es mal nett zu formulieren - ein wenig anders. Es ist doch recht wahrscheinlich, dass sie gar nicht verstünde, was ich von Ihr wollen würde. Die Option fällt also gleich raus.
- ich halt den Mund, atme tief durch, lach darüber und find es einfach witzig.

Ich hab mich für Variante drei entschieden (da meine Freundin kein Blut sehen kann), also mein Essen genommen und wir sind auf dem Gang gegangen, wo lieblos zwei Tische mit extra harten Stühlen stehen, auf denen man nicht ohne Schmerzen sitzen kann.



Vielleicht wache ich ja bald wieder auf.